Praxisbeispiel Chibrücke Stalden VS

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IVS-Objekt VS 22.2.1 im IVS-GIS

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Chibrücke vor der Instandstellung (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)

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Grundriss und Aufriss der Chibrücke (Abbildung: W. Vogel)

IVS-Objekt: VS 22.2.1
Bedeutung nach NHG: national, mit viel Substanz

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Die Chibrücke wurde 1544-45 von Ulrich Ruffiner erbaut und überquert die „Matter Vispa“ südlich der Walliser Gemeinde Stalden. Bis 1934 verlief der gesamte Verkehr zwischen Stalden und dem Saastal über die Chibrücke. Die detaillierte Geschichte des Weges kann im IVS-Streckenbeschrieb VS 22.2.1 nachgelesen werden.

Die Steinbogenbrücke weist eine Breite zwischen 3.60 m und 4.60 m auf und ist 56 m lang. Die Spannweite des Brückenbogens beträgt 27 m, die Höhe über Talsohle 50 m. [FUX 2008: 30] Die Entwässerung der Brücke erfolgte auf zwei Ebenen: einerseits auf der Wegoberfläche und andererseits im Brückeninnern, was an der Lage der Wasserspeier noch heute ablesbar ist. Die untere Entwässerungsebene lag auf einem gemauerten Niveau über dem Gewölbe. Grössere Schäden an den Seitenmauern entstanden zwischen den beiden Entwässerungsebenen, im Bereich der Auffüllung mit Lockermaterial. Frosteinwirkungen hatten die Seitenmauern mitsamt Brüstungen langsam nach aussen gedrückt. Im Zeitraum zwischen Juni 2006 und November 2007 mussten deshalb umfangreiche Sanierungsarbeiten an der Brücke ausgeführt werden. [FUX 2008: 17]

Ausführung: 2006–2007
Instandstellungskosten: 790‘000.–

 

Auffüllung und Abdichtung des Brückenkörpers

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Aufriss der Brücke mit Lage der innenliegenden Steinkörper und Anker (Abbildung: Ingenieurbüro Fux)

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Auffüllung der Brücke mit Mörtel und Steinen (Foto: Ingenieurbüro Fux)

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Schnitt im äusseren Bereich des Brückenbogens (Abbildung: Ingenieurbüro Fux)

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Schnitt am höchsten Punkt des doppelten Gewölbebogens (Abbildung: Ingenieurbüro Fux)

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Schnitt über einem Widerlager (Abbildung: Ingenieurbüro Fux)

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Die fertig gepflästerte Chibrücke (Foto: Ingenieurbüro Fux)

Bei der Instandstellung der Brückenentwässerung stellte sich die Frage, ob die ursprünglichen Bauprinzipien beibehalten werden sollen. Auf der einen Seite bestand der Wunsch, die vom Baumeister Ruffiner angelegten Entwässerungsebenen funktionstüchtig zu erhalten. Wie eingangs beschrieben, bestanden ursprünglich zwei Entwässerungsoberflächen: eine unterhalb der Brückenauffüllung und eine zweite auf Fahrbahnniveau. Auf der anderen Seite waren es Frostwirkungen in der durchnässten Auffüllung, welche Druck auf das Mauerwerk ausübten und die Seitenmauern nach aussen drückten. Zwar hatte Ruffiner zur besseren Funktion der unteren Entwässerungsebene vorgesehen, Steine und wenig sandiges Material als Auffüllung zu verwenden, doch war die Auffüllung im Laufe der Zeit durch das Einschwemmen von Feinmaterial frostempfindlich geworden und die untere Abdichtung auf dem Gewölberücken verlor ihre abdichtende Wirkung allmählich.

Nach einer umfassenden Variantendiskussion wurde entschieden, die Auffüllung der Brücke bei der Instandstellung vollständig zu entfernen und mit einer Füllung aus Steinen und Kalkmörtel zu ersetzen. Dieser neue, feste Brückenkörper verhindert einen horizontalen Druck auf die Seitenmauern und stellt einen dauerhaften Träger für die darüber liegende Abdichtung dar. Die untere, auf dem Brückenboden aufliegende Entwässerungsebene wurde vor dem Einbau des neuen Brückenkörpers gereinigt und wo nötig repariert, so dass sie nun ebenfalls wieder funktionstüchtig ist. Die obere Entwässerungsebene direkt unterhalb der Pflästerung ist an ihren beiden tiefsten Punkten über einen Schacht mit dem Brückenboden verbunden. Die Abdichtung der oberen Entwässerungsebene erfolgte mit einer Polyurethan-Flüssigkunststoffabdichtung. Die eingesetzte Abdichtung erfüllt die Kriterien für Materialverträglichkeit und verhält sich inert. [FUX 2008: 17-24]

Aufbau der Abdichtung von unten nach oben:

  • Untergrund ausgeglichen mit Mörtel
  • SIKAfloor 81 EpoCem als selbstnivellierender Basisbelag
  • SIKAgard 186 resp. 720 EPOCem als vollflächiger Schutzspachtel
  • SIKAlastic 822, 2-komponentige, reaktionshärtende Polyurethankombination für elastische, rissüberbrückende Abdichtungen

Archäologische Untersuchungen hatten ergeben, dass die Seitenmauern der Brücke noch weitgehend aus der Bauzeit stammten. Dank der neuen, festen Auffüllung der Brücke konnten die Mauern trotz einer stellenweisen Neigung nach aussen unverändert belassen werden. An prekären Stellen wurden insgesamt 26 ins Brückeninnere führende Anker aus INOX-Stahlstäben mit 12 mm Durchmesser angebracht, um die Seitenmauern am Umkippen zu hindern. Die Verankerungen wurden verdeckt angebracht, mit dem Nachteil, dass diese Massnahme von blossem Auge nicht ablesbar ist und die Stabilisierung der geneigten Brüstungen nicht nachvollzogen werden kann. Zudem kann der Zustand der Anker nicht ohne grösseren Aufwand überprüft werden. [FUX 2008: 21, 24 f.]

 

Umgang mit Werkleitungen

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Verlegung der Werkleitungen in der Brückenmitte unmittelbar über dem Gewölbe (FUX 2008: 25)

Da die Lage der Brücke für die Leitungsführung günstig ist, wurde entschieden, die bestehenden Werkleitungen weiter über die Brücke zu führen. Aus ästhetischen und bautechnischen Gründen wurde von einem Anbringen der Leitungen an der Aussenseite der Brücke abgesehen. Es wurde beschlossen, die Leitungen innerhalb des Brückenkörpers unter der Pflästerung zu verlegen. In der Brückenmitte, wo die Pflästerung unmittelbar auf dem doppelten Gewölbebogen aufliegt, galt es zu verhindern, dass das tragende Steingewölbe angespitzt werden muss. Deshalb wurden die Leitungen in Brückenmitte in einer Ebene mit der Pflästerung in einen plattenbedeckten Leitungskanal verlegt. [FUX 2008: 21 f.]

 

Verputz: Rasa Pietra

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„Rasa Pietra“-Verputz im Bereich der Brüstung (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)

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„Rasa Pietra“-Verputz im Bereich des doppelten Gewölbebogens (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)

Während der neue Verputz auf der Innenseite der Mauern vollflächig aufgetragen wurde, wurde er auf den Aussenflächen in Form von Rasa Pietra appliziert. Rasa Pietra – zu Deutsch „verstrichener Stein“ – bedeutet, dass der Mörtel zwischen den einzelnen Mauersteinen so verstrichen wird, dass nur die äussersten Steinpartien sichtbar bleiben. Der verwendete Mörtel wurde möglichst ähnlich zusammengesetzt wie der ursprüngliche, damit die chemische Verträglichkeit sichergestellt werden konnte. [FUX 2008: 20]

 

Mörtelmischung für Mauerwerksreparaturen und Pflästerung

  • 60 Liter Sand (0 - 8 mm), Sand-Kies-Anteil: 75% : 25%
  • 11 Liter Sumpfkalk (12)
  • 7 Liter Weisszement (8); der Anteil des Weisszementes wird nach Möglichkeit minimal belassen resp. ganz weggelassen (flexibler Mörtel)
  • 4 Liter Weisskalk (3)
  • 1 Deziliter Sikapor M
  • 0.5 Liter Filler
  • 0-0.5 Liter Sumpfkalkwasser (je nach Bedarf und Temperatur)

[Quelle: FUX 2008: 30]

Grenzen der Übertragbarkeit

Das Objekt stammt aus dem Jahre 1545 und weist für die Epoche und den Standort typische Baumerkmale, wie etwa den doppelten Korbbogen, auf. Beim Übertragen der Baumethoden auf andere Projekte ist stets dem regionalen und historischen Kontext Rechnung zu tragen.

Kontaktadressen

  • Ingenieur: Ingenieurbüro Fux AG, Werner Fux, Platz 4, 3904 Naters, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
  • Fachgutachter: Conzett Bronzini Gartmann AG, Jürg Conzett, Bahnhofstrasse 3, 7000 Chur, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
  • IVS-Fachstelle des Kantons Wallis: siehe Adressliste

Quellen

FUX, Werner, 2008: Die Chibrücke und die Ritibrücke in Stalden VS. Gesellschaft für Ingenieurbaukunst. Zürich.