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Traditionelle Meientaler Holzzäune werden wiederhergestellt
Das Meiental ist ein ökologisch und landschaftlich attraktives Seitental im Kanton Uri. Der Kanton stuft es als Landschaftsschutzgebiet von regionaler Bedeutung ein. Die Kommunikationsstrasse von 1811 führt vom Meiental über den Sustenpass. Sie ist als nationales Objekt im Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz erfasst (UR 4.2.3 / UR 4.2.4).
Bis vor wenigen Jahrzehnten prägten traditionelle Holzzäune das Landschaftsbild im Tal. Als Weg- und Weideabgrenzung erstreckten sich die Zäune ein- oder beidseitig entlang des alten Sustenwegs (Kommunikationsstrasse, UR 4.2 und Saumpfad, UR 4.4). Heute sind die Holzzäune nur noch relikthaft vorhanden. Vielerorts wurden sie durch Plastik- und Drahtzäune ersetzt.
Auf Initiative von Pro Natura werden die Holzzäune auf einer Länge von rund 1.3 km wieder neu aufgebaut oder instand gestellt. Verwendet wird hierfür einheimisches Lärchen- und Fichtenholz, verarbeitet von lokalen Sägereibetrieben. Für die gesamte Sanierung werden ungefähr 360 Lärchenpfosten und fast 1‘500 Holzlatten aus Fichtenholz gebraucht – die Gesamtlänge des Materials beträgt rund 5‘250 Meter. Die Pfosten der Holzzäune sind jeweils 4-lochig. Mit einem Fonds soll der Unterhalt der Holzzäune längerfristig sichergestellt werden.
Abbildungen 1 und 2: Meientaler Holzzäune früher (Foto: Staatsarchiv Uri) und heute (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)
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Passstrassen als historische Einheit betrachten
Im 19. Jahrhundert hat sich die Bau- und Ingenieurtechnik stark weiterentwickelt. Viele Alpenübergänge werden in dieser Zeit ausgebaut. In der Topographischen Karte und im Topographischen Atlas der Schweiz, dem sog. Siegfriedatlas, erscheint zum ersten Mal die Signatur „Kunststrasse“. Der Begriff trifft‘s gut: Kunststrassen sind nach den Regeln der Ingenieurskunst sorgfältig geplante und angelegte Strassen. Mit Kunststrassen wird es möglich, auch schwieriges Gelände zu bewältigen und klimatisch anspruchsvolle Pässe zu überwinden.
Auch im Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz sind die Kunststrassen vertreten. Die Kunststrasse: Tunnel, Lawinengalerien, Brücken, Bachdurchlässe (Tombini), Kolonnensteine, Ausstellplätze und vieles mehr. Nachfolgend finden Sie zwei Projekte:
_Splügenpass: Die Lawinengalerie (GR 17.2.4) ist ein Schmuckstück am Splügen. Sie wurde 1843 als Winterschutz für die 20 Jahre zuvor erstellte Passstrasse gebaut. Vor einigen Jahren wurde die Galerie instand gesetzt. Ein neues Konzept definiert für die gesamte Splügenpassstrasse die einheitliche Instandstellung der wegbegleitenden Mauern, Wehrsteine und der Absturzsicherheit. In einem umfangreichen Variantenstudium wurde evaluiert, wie die Absturzsicherung realisiert werden kann, damit sie den heutigen Sicherheitsnormen und den denkmalpflegerischen Anforderungen genügt (vgl. Abb. 3 Bestvariante für die geraden Streckenabschnitte, unten). Auch die Art der zu verwendenden Steine haben die Bauingenieure, die kantonale Denkmalpflege und das ASTRA in enger Zusammenarbeit definiert. Mauern, die nicht mehr dem historischen Trockenmauerwerk entsprechen (z.B. Blocksteinmauern oder ausgefugte Natursteinmauerwerke) werden ersetzt. Eine Teststrecke wurde bereits realisiert, in den nächsten Jahren werden weitere Etappen folgen.

Abbildung 3: Bestvariante Mauerkopfabschluss Splügenpass, gerade Streckenabschnitte. Deckstein wird mit Beton und Anker befestigt (Quelle: Casutt, Wyrsch, Zwicky)

Abbildung 4: Blick auf die Splügenpassstrasse (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)
_Sustenpass (BE 15.8): Verschiedene Stellen an der Sustenstrasse wurden in den vergangenen Jahren instand gesetzt, die meisten auf der Urnerseite. Um den denkmalpflegerischen Aspekten der Sustenpassstrasse gerecht zu werden, hat der Kanton Bern (auch mit Unterstützung des ASTRA) eigens einen Richtplan erstellen lassen. Im Richtplan Sustenpass hat der Kanton Bern „die gestalterische und denkmalpflegerische Qualitätssicherung beim Betriebs- und/oder Erneuerungserhalt der Sustenstrasse“ festgehalten. Ob bei Planungen, Baugesuchen oder im Unterhalt: Der Richtplan soll als Arbeitsinstrument dazu dienen, die historischen Passstrasse über den Susten integral zu erhalten. Verschiedene Massnahmenblätter beschreiben einzelne Aspekte detaillierter, z.B. das Normalprofil oder die Erhaltung von Einzelobjekten (wie Tunnels oder Schutzbauten vor Naturgefahren).

Abbildung 5: Sustenpassstrasse mit Randsteinen und Rollierung (Foto: G. Schneider)
Passstrassen haben eine eigene „bauliche Gestaltungssprache“ (Materialisierung, Art der Bauwerke, Wegbegleiter etc.). Sie sind daher als Einheit zu betrachten. Aus diesem Grund sollten bei Instandstellungen Massnahmen nicht abschnittweise geplant, sondern optimalerweise über die gesamte Länge ganzheitlich definiert werden. So kann sichergestellt werden, dass die heutigen Ansprüche an die Strassennutzung sowie die denkmalpflegerischen Grundsätze abgewogen werden können.
Weiterführende Informationen:
- Beschrieb Instandstellung Splügengalerie
- Richtplan Sustenstrasse (Kanton Bern)
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IVS-Materialien für Nachwelt gesichert
Im November 2017 hat das ASTRA die Materialien der Erstinventarisierung des Bundesinventars der historischen Verkehrswege der Schweiz an die Schweizerische Nationalbibliothek übergeben. Dort werden die Unterlagen nun sorgfältig und nach wissenschaftlicher Methodik für die Öffentlichkeit erschlossen. Die Materialien umfassen insbesondere Fotografien sowie weitere Unterlagen, die den Inventarisierungsprozess aufzeigen (Feldbücher, Skizzen, Karten, Kartierarbeiten etc.).
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2017: Projekte im Überblick
2017 konnte das ASTRA wiederum vielfältige Projekte zur Erhaltung historischer Verkehrswege unterstützen – finanziell und beratend. Es wurden dabei auch fachlich knifflige Herausforderungen oder neuartige Anfragen bearbeitet (wie z.B. die Meientaler Holzzäune, die Gestaltung von Ortsdurchfahrten, Abstimmung Verkehrssicherheit und Anforderungen des IVS). Eine Beobachtung aus dem Vorjahr hat sich 2017 bestätigt: Bei den Projekten handelte es sich auffallend häufig um Instandstellungen von Mauern.

Abbildung 6: Im Jahr 2017 waren rund 70 Finanzhilfeprojekte in der gesamten Schweiz in Bearbeitung, dies sind etwas mehr als im letzten Jahr. (Grafik: Kartengrundlage ThemaKart BFS 2004 und Darstellung Basler & Hofmann)
Es sind vorab lokale und regionale Akteure, die sich weitsichtig für den Erhalt des kulturellen Erbes einsetzen. Häufig machen Private, Behörden sowie Organisationen des Landschaftschutzes auf die besondere Bedeutung von Verkehrswegen und Kunstbauten aufmerksam. Sie stellen die Umsetzung sowie Finanzierung der Projekte sicher. Nur dank ihnen ist es möglich, historische Verkehrswege heute und auch in Zukunft zu erhalten. Ihnen allen gebührt unser Dank!
Wir wünschen Ihnen frohe Festtage und ein gutes neues Jahr 2018.
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