Praxisbeispiel alte Talstrasse Avers GR

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IVS-Objekt VS GR 780.2 im IVS-GIS

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Teilstück der instandgestellten Talstrasse mit Stützmauern und Steinpfosten-Geländer. (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)

IVS-Objekt: GR 780.2
Bedeutung nach NHG: national, mit Substanz und mit viel Substanz

Das Objekt im IVS-GIS ansehen.

Die befahrbare Talstrasse von 1890/1895, auch „alte Averserstrasse“ genannt, verbindet  Avers-Juf mit der Roflaschlucht. Kunstvolle Brücken und Mauern aus Naturstein, Geländer aus Natursteinsäulen sowie traditionelle Lawinenverbauungen machen sie zu einem schützenswerten Kulturgut. Die detaillierte Geschichte des Weges kann im IVS-Streckenbeschrieb GR 780.2 nachgelesen werden.
Durch den Aus- und Neubau der 1960er Strasse wurden Teile der Talstrasse von 1890/1895 überformt und andere Teil aufgelassen. Manche Abschnitte wurden durch Ausbruchmaterial der 1960er Strasse überdeckt. Um die Strasse vor dem endgültigen Verfall zu bewahren, musste sie dringend repariert und die Kunstbauten instandgestellt werden. Der Verein alte Averserstrasse (aASt) hat sich der Aufgabe angenommen, die alte Averserstrasse als Kulturgut zu sichern und der Nachwelt zu erhalten. Im Jahr 2003 begannen die Instandstellungsarbeiten. Seit 2009 ist die Talstrasse von 1890/1895 von Ausserferrera (Plan Davains) bis Juppa ein durchgehender, attraktiver Wanderweg.

Ausführung: 2003–2011
Instandstellungskosten: 2‘450‘000.–

 

Punt di Val di Lei

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Deutliche Zerfallserscheinungen an der Punt di Val di Lei vor der Instandstellung (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)

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Fahrbahnabdichtung der instandgestellten Punt di Val di Lei (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)

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Instandgestellte Brückenentwässerung: Gut sichtbar der aufgebrachte „Rasa Pietra“-Verputz (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)

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Die instandgestellte Punt di Val di Lei (Foto: H. P. Kistler, ASTRA)

2005 wurde der schwierige Abstieg von der heutigen Strasse zur alten „Val di Lei“-Brücke angegangen. Die Punt di Val di Lei stammt aus den 1890er Jahren und weist eine Spannweite von 16 m auf. Sie führt über den Reno di Lei und liegt unmittelbar unter der heutigen, eleganten Betonbrücke „Ponte del Mut d’Avers“. Bis 1960 verkehrte auf der historischen Strecke noch das Postauto. Um 1960, beim Bau der heutigen Strasse und der Ponte del Mut d’Avers, wurde die darunter liegende, alte Talstrasse mit Bauschutt überdeckt und konnte danach jahrzehntelang nicht mehr begangen werden.
Die Sanierung der schönen Steinbogenbrücke „Punt di Val di Lei“ und ihrer Zugänge erfolgte im Jahr 2007. Im Zuge der Instandstellung musste der alte Verkehrsweg zuerst freigeräumt werden. Anschliessend konnten die talseitigen Stützmauern gesichert, vervollständigt oder wo nötig neu aufgebaut werden. Schwierigkeiten bereitete der abschüssige Fels, der an einzelnen Stellen eine besondere Verankerung der Mauerfundamente erforderte.

 

Steinpfostengeländer mit Holzholmen

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Verankerung eines neu gesetzten Kolonnensteines (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)

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Reihe von Kolonnensteinen als Wegbegrenzung (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)

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Überreste eines Steinpfosten-Geländers vor der Instandstellung (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)

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Die ursprünglichen Steinpfosten wurden nach Möglichkeit weiter verwendet (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)

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Wo nötig wurden neue Steinpfosten eingesetzt, die ihren historischen Vorbildern entsprechen (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)

Als Absturzsicherung kamen an der alten Talstrasse abschnittsweise Steinpfostengeländer mit Holzholmen zum Einsatz. Der Abstand zwischen zwei Pfosten betrug üblicherweise rund 3.5 m bis 4.0 m. Vor der Instandstellung waren die Geländer in einem schlechten Zustand: Die Holzholme fehlten, viele Steinpfosten waren in Schieflage, manche hatten sich bereits aus den Mauerkronen gelöst und waren heruntergestürzt.
Da der Aufwand für die Erstellung und den Unterhalt eines Steinpfostengeländers hoch ist, wurde da, wo kaum mehr Steinpfosten vorhanden waren, mit Kolonnensteinen vorlieb genommen. Mancherorts waren die Steine aber noch vorhanden; zudem konnten einige Steinpfosten im steilen Abhang gefunden und geborgen werden. So war es möglich, über längere Strecken die Steinpfostengeländer instand zu stellen, teils mit den originalen, teils mit neuen Geländerpfosten, die ihren historischen Vorbildern nachempfunden wurden. Um eine dauerhafte Verankerung der Steine in der Mauerkrone zu ermöglichen, einigten sich ASTRA und Bauherrin auf die Verwendung von Mörtel. Andere Lösungen schienen zu aufwändig, zu unsicher und zu teuer.

 

Stäinstäg Cröt

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Grasbewachsener Stäinstäg mit einem kalkgemörtelten Gewölbebogen vor der Instandstellung (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)

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Stäinstäg nach Entfernung des Bewuchses. Im Hintergrund die aktuelle Brücke der Talstrasse von 1890/1895 (Foto: O. Hugentobler, Verein alte Averserstrasse)

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Um den Plattenbelag nach der Instandstellung wieder herstellen zu können, wurden alle Platten gekennzeichnet (Foto: O. Hugentobler, Verein alte Averserstrasse)

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Frisch instandgestellter Stäinstäg im Jahr 2009 (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)

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Stäinstäg zwei Jahre nach der Instandstellung (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)

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Brüstungsmauern am Stäinstäg wurden rekonstruiert und waren 2009 noch unverputzt (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)

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Aus denkmalpflegerischen Gründen wurden die Brüstungsmauern nachträglich verputzt (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)

Der an der Talstrasse von 1890/1895 gelegene „Stäinstäg“ in Cröt entstand als Teil der älteren Linienführung „Alter Talweg“ und wurde 1645 erstmals erwähnt. Oberbau und Brüstungsmauern waren vor der Instandstellung nur noch teilweise vorhanden und mit Gras überwachsen. Nach der Entfernung des Bewuchses kam ein Plattenbelag mit grossen Steinplatten zum Vorschein. Um die Platten nach der Instandstellung des Brückenkörpers wieder verwenden zu können, wurden sie vor der Entfernung mit Hilfslinien markiert und durchnummeriert. Der alte Brückenkörper wurde ausgebaut und anschliessend bis unter den Plattenbelag mit einem Kalkbeton-Mauerwerk neu aufgefüllt und abgedichtet. Da verschiedene Platten beim Ausbauen zerbrachen, gelang es trotz der Kennzeichnung nicht vollständig, den Plattenbelag wieder originalgetreu einzubauen. Bei der Entfernung des Grasbewuchses wurde festgestellt, dass die Brücke ursprünglich mit Brüstungsmauern ausgestattet war. Die Höhe und das genaue Aussehen der Brüstungsmauern konnte aber nicht eruiert werden. In Anlehnung an vergleichbare Objekte aus derselben Zeit wurden schliesslich Brüstungsmauern mit einer Höhe von rund 0.6 m erstellt und mit Abdeckplatten versehen.

 

Grenzen der Übertragbarkeit

Die Talstrasse stammt aus den 1890er Jahren und weist für die Epoche und den Standort typische Baumerkmale auf. Der Stäinstäg ist wesentlich älter. Er wurde aus dem charakteristischen, hellen Gestein der Umgebung gebaut. Beim Übertragen der Baumethoden auf andere Projekte ist stets dem regionalen und historischen Kontext Rechnung zu tragen.

Kontaktadressen

  • Trägerverein, Projektierungs- und Bauleitungsarbeiten: Verein alte Averserstrasse aASt, Oskar Hugentobler, Trànter flurs, 7440 Andeer, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
  • Bauingenieur, Projektierungs- und Bauleitungsarbeiten: Jenny planing, Hansjuerg Jenny, Veia Canies 5N, 7440 Andeer, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
  • Ausführung: Luzi Bau AG, Valentin Luzi, Hauptstrasse 1A, 7432 Zillis, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
  • IVS-Fachstelle des Kantons Graubünden: siehe Adressliste

Quellen

  • Verein alte Averserstrasse aASt, 2008: Stainstäg Cröt. Protokoll der Begehung vom Montag, den 28.7.08. Andeer.