Nachführung des IVS-Bundesinventars
Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) ist verpflichtet, das Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz regelmässig nachzuführen und aktuell zu halten. Zudem möchte das ASTRA bis spätestens 2035 die anerkannten Schwächen beim bestehenden IVS-Inventar beheben, nachgewiesene Lücken schliessen und die Anwendbarkeit in der Praxis verbessern. Seit Anfang 2022 bereitet das ASTRA die Nachführung des Bundesinventars vor, also der Objekte von nationaler Bedeutung mit Substanz und mit viel Substanz. Zu diesem Zweck wird ein digitales Erfassungstool entwickelt, das auch den Kantonen zur Bearbeitung der inventarisierten Objekte von regionaler und lokaler Bedeutung zur Verfügung gestellt wird. Damit wird ein wichtiger Beitrag zur Aktualisierung des gesamten Inventars geleistet.
Aktueller Stand der Arbeiten (Herbst 2024)
Das Jahr 2024 stand ganz im Zeichen der konzeptionellen Arbeiten für das IVS-Nachführungsprojekt. Wichtige Teilprojekte konnten so weit abgeschlossen werden, dass nun über ihre Umsetzung entschieden werden kann.
- Aktualisierung Methodenhandbuch
Das Methodenhandbuch wurde 1999 als interne Arbeitsgrundlage für die Mitarbeitenden der IVS-Erstinventarisierung erstellt und legt die Arbeitsmethodik des IVS fest. Es wurde nun an die Erfordernisse der Nachführung des IVS-Bundesinventars angepasst und durch den Fachausschuss geprüft, der die Konzeptphase des Nachführungsprojekts begleitet. Die IVS-Systematik und die Grundsätze der Inventarisierung – wie werden Objekte ins Inventar aufgenommen und bewertet – wurden mehrheitlich übernommen, aber neu und verständlicher strukturiert. Ob und in welchem Umfang Objekte des 20. Jahrhunderts (vgl. nächster Punkt) ins Inventar aufgenommen werden, ist derzeit noch offen und wird einen entsprechenden Einfluss auf die IVS-Methodik haben. - Ein interdisziplinäres Team von Bauingenieuren, Historikerinnen und Denkmalpflegern schloss im Spätherbst die Fachstudie zur Erweiterung des Inventars um Objekte des 20. Jahrhunderts ab. Sie erarbeiteten Einstufungskriterien und eine Liste mit möglichen «Kandidaten» für die Aufnahme ins Bundesinventar. Der Entscheid über die entsprechende Erweiterung des Bundesinventars mit Strassenbauten des 20. Jahrhunderts wird Ende 2024 vom Projektausschuss gefällt.
- Die Möglichkeiten zur Vektorisierung der gerasterten Geländekarte wurden getestet und in Erfassungsrichtlinien festgelegt. Sie definieren, wie die schweizweite Vektorisierung der Geländekarte erfolgen soll und fliessen ins Geodatenmodell ein. Erst mit den vektorisierten Angaben der Geländekarte wird es möglich sein, Veränderungen der baulichen Substanz auf der Karte abzubilden.
- Überarbeitung des Geodatenmodells: Die für die Nachführung notwendigen Anpassungen werden derzeit in einer Arbeitsgruppe der FIG (Fachinformationsgemeinschaft) besprochen, in der neben GIS- und IVS-Vertretern des Bundes auch Vertreter von kantonalen GIS- und IVS-Fachstellen aller Landessprachen teilnehmen. Erfreulich ist dabei das grosse Interesse der Kantone, die sich sehr aktiv in die Arbeiten einbringen.
- Inventarisierungskonzept: Der Inventarisierungsprozess ist grösstenteils definiert. Momentan laufen noch Anpassungen aufgrund der Prüfung durch den Fachausschuss und den Rechtsdienst. Der Prozess wird den Kantonen im Rahmen der IVS-Fachveranstaltung im September 2025 im Detail vorgestellt werden.
- Für die IVS-Nachführung braucht es ein Erfassungstool. Das IT-Projekt für die entsprechenden Entwicklungsarbeiten konnte im Sommer 2024 begonnen werden. Das Werkzeug wird zum einen die Überarbeitung des IVS-Bundesinventars ermöglichen. Gleichzeitig soll es aber künftig auch den Kantonen für die Überarbeitung ihrer IVS-Objekte von regionaler und lokaler Bedeutung zur Verfügung stehen.
Die aktuelle Planung der Konzeptphase sieht wie folgt aus:
Hintergrundinformationen
Warum braucht es eine Nachführung des Bundesinventars?
Seit seiner Publikation im Jahr 2010 wurde das Bundesinventar nicht aktualisiert. Dies betrifft sowohl die Streckenverläufe auf der Inventarkarte als auch die Objektbeschriebe des Inventars. Viele dieser Objektbeschriebe stammen noch aus den 1980er- und 1990er-Jahren. Gab es in den letzten 25 Jahren Änderungen an der traditionellen Bausubstanz, so wurden diese nicht nachgeführt. Zudem ist die technische Datengrundlage des Inventars veraltet, was eine Korrektur von Fehlern bisher verunmöglicht hat. Aus fachlicher und technischer Sicht besteht daher Überarbeitungsbedarf.
Auf welcher Grundlage erfolgt die Nachführung?
Rechtlich ist die Nachführung in Artikel 5 des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz (NHG) begründet. Er besagt, dass Inventare mit Objekten von nationaler Bedeutung regelmässig überprüft und bereinigt werden sollen. Präzisierend legt die Verordnung über das Bundesinventar der historischen Verkehrswege (VIVS) von 2010 eine vollständige Überprüfung und Bereinigung des IVS-Bundesinventars unter Federführung des ASTRA innerhalb von 25 Jahren nach ihrer Inkraftsetzung, also bis 2035, fest. Die inhaltliche Nachführung der IVS-Objekte von regionaler und lokaler Bedeutung ist zwar Sache der Kantone, doch müssen sie gemäss Verordnung rechtzeitig in die Nachführung des Bundesinventars einbezogen werden.
Wie ist die Nachführung organisiert?
Für die Planung und Koordination hat das ASTRA im Bereich Langsamverkehr eine neue Stelle geschaffen. Die Verkehrshistorikerin und Inventarexpertin Erika Flückiger Strebel leitet das Nachführungsprojekt beim ASTRA. Unterstützt wird sie in fachlich-methodischen Fragen durch einen Fachausschuss. Dieser besteht aus Vertreterinnen und Vertretern der kantonalen IVS-Fachstellen und diverser nationaler Inventare sowie aus IVS-Expertinnen und Experten und Geodatenspezialisten.
Was sind die zentralen Herausforderungen?
Das Bundesinventar umfasst rund 3700 Streckenkilometer sowie 3000 Beschriebe zu Strecken, Linienführungen oder Abschnitten von historischen Verkehrswegen von nationaler Bedeutung mit Substanz oder mit viel Substanz. Alle Angaben auf der Inventarkarte müssen kontrolliert und Veränderungen neu kartiert werden. Auf dieser Grundlage werden anschliessend die Objektbeschriebe inhaltlich überarbeitet und durch eine klare Unterteilung in eine Beschreibung und eine Schutzbegründung an die Vorgaben von Artikel 5 NHG angepasst.
Die Wegsubstanz ist in der IVS-Geländekarte dokumentiert. Es handelt sich dabei um eine Rasterkarte, die anders als eine Vektorkarte nicht verändert werden kann. Um Veränderungen an Wegverläufen und Wegsubstanz kartieren zu können, müssen deshalb in einem ersten Schritt die in der Geländekarte verzeichneten Wegelemente, -oberflächen und -begleiter digital erfasst und in die bereits vektorisierte Inventarkarte integriert werden.
Für die Erfassung der aktuellen Wegverläufe und der Wegsubstanz wird ein digitales Erfassungstool entwickelt. Dieses erlaubt es, die während der Geländeanalyse festgestellten Veränderungen der Wegsubstanz vor Ort zu erfassen und die vektorisierten Angaben der Geländekarte entsprechend anzupassen. Zudem soll es die Überarbeitung der Objektbeschriebe wesentlich vereinfachen.
Für eine fachlich korrekte Nachführung des Bundesinventars braucht es den Einbezug der IVS-Objekte von regionaler und lokaler Bedeutung und damit die Mitwirkung der Kantone. Das ASTRA wird daher das digitale Erfassungstool den Kantonen nach seiner Erprobung während der Nachführung des Bundesinventars kostenlos zur Verfügung stellen. Sie können damit ihre IVS-Objekte von regionaler und lokaler Bedeutung einfacher nachführen und direkt in die vektorisierte Inventarkarte des IVS einpflegen.