IVS-Fachexkursion 2023: Historische Brücken und Mauern in Freiburg
Freiburg mit seiner malerischen Altstadt blickt auf ein reiches kulturhistorisches Erbe. Mittelalterliche Gassen, überwältigende gotische Fassaden, prächtige Kirchen und eine aussergewöhnliche Vielfalt historischer Brunnen, Mauern und Brücken prägen die Kantonshauptstadt an der Saane. Hier fand Anfang Mai 2023 die traditionelle Fachexkursion des IVS statt. Gastgeber Frédéric Arnaud, Leiter der IVS-Fachstelle des Kantons Freiburg, informierte die 35 interessierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die vielfältigen Herausforderungen und Aktivitäten seines Kantons für Schutz und Erhaltung der historischen Verkehrswege. Die Stadt Freiburg bietet besten Anschauungsunterricht für dieses Wirken. Bei einem Stadtrundgang setzte die Fachexkursion bei zwei besonders markanten IVS-Objekten von nationaler Bedeutung einen Schwerpunkt – bei der Route des Neigles und bei der jüngst instandgesetzten Pont de Saint-Jean. Die Fachexkursion wurde von den Teilnehmenden als Möglichkeit zur Pflege des IVS-Netzwerks und fachlichen Austauschs sehr geschätzt. Dies wiederum bekräftigt die IVS-Fachstelle darin, solche Anlässe weiterhin regelmässig zu organisieren.
Kaleidoskop jahrhundertlanger Unterhaltsarbeiten
Die Route des Neigles, der alte Zugang zur Stadt Freiburg, ist eine Zeitzeugin aus dem späten Mittelalter. Getragen wird der historische Weg von einer vier bis fünf Meter hohen Schwergewichtsmauer, die auf einer Länge von rund 100 Metern in einem ursprünglichen Zustand erhalten ist. Oben schmückt eine Brüstung aus abgerundeten Sandsteinblöcken die Mauer, die zu zwei Dritteln auf einer Sandsteinbank steht. Das über 500 Jahre alte Bauwerk wurde im Laufe der Zeit immer wieder repariert. Je nach Geschmack und zeitgenössischem Wissensstand setzten die Baumeister der Vergangenheit für die Instandhaltung unterschiedliche Materialen ein. So wurden Sandstein, Tuff, Flusskiesel und sogar Granitquader verbaut und mit unterschiedlichen Mörteln eingebunden.
Diese «Flickwerk» trägt wesentlich zum Charme der Mauer bei. Da jedoch der Entwässerung seit längerer Zeit zu wenig Beachtung geschenkt wurde und sich das Wasser den Weg des geringsten Widerstandes sucht, drohten entsprechende Schäden. So erodierte die Mauer an verschiedenen Stellen, und an einer Stelle bestand sogar Einsturzgefahr. Die Unbill des Wetters (Regen, Wind und Frost) und der Einsatz von Streusalz hatten dem Mauerwerk im vergangenen Jahrhundert zusätzlich stark zugesetzt. Vor diesem Hintergrund entschied sich die Stadt Freiburg für eine umfassende Instandsetzung. Als Sofortmassnahme wurde die instabile Mauerstelle gesichert. Zudem wurden verwitterte, lose Mauerteile sowie alle Betonflicken entfernt, da letztere mit dem Sandstein unverträglich sind. Die äussere, teilweise stark erodierte Mauerschale wurde entfernt und mit Sand- und Tuffsteinen sowie mit kalkbasiertem Mörtel wiederaufgebaut. Zudem wurde die Brüstung strassenseitig verputzt. Zwischen Strassenoberfläche und Brüstung wurde ein Streifen weder abgedichtet noch geteert. Dieser neue Sickerbereich erleichtert das Trocknen der Brüstungsbasis.
Stark befahrene historische Brücke: Unterhalt im Fokus der Zeit
Die Pont de Saint-Jean (Sankt Johann Brücke) wurde um 1259 gebaut und war die letzte Brücke der Unterstadt. Von Beginn an wurde die ursprünglich gedeckte Holzbrücke immer wieder durch Hochwasser beschädigt und war entsprechend teuer im Unterhalt. Im Jahr 1746 wurde sie aus Tuffsteinquadern vollständig neu aufgebaut. Die Pont de Saint-Jean ist seit jeher stark befahren. Im Mittelalter nutzten Händler die Brücke, um mit ihren Waren vom rechten Flussufer in die Oberstadt von Freiburg zu gelangen. Auch heute noch wird die Brücke rege vom öffentlichen und privaten Verkehr genutzt. Zum Leidwesen der Säckelmeister der Stadt Fribourg muss die Brücke in regelmässigen Abständen aufwändig saniert werden. Um die Widerstandsfähigkeit gegenüber schweren Fahrzeugen zu erhöhen, wurden bei der letzten Instandsetzung im Jahr 1987 das lockere Material im Innern der Brücke durch eine verborgene Stahlbetonkonstruktion und die Flusskiesel der Fahrbahn durch regionale Pflastersteine ersetzt.
Nach gerade einmal 30 Jahren musste die Pont de Saint-Jean im Herbst 2020 erneut instandgesetzt werden. Der Generalrat (das Gemeindeparlament der Stadt) hatte den notwendigen Kredit von gut einer Million Fragen zwar einstimmig gutgeheissen. Gleichzeitig wurde eine langlebige Instandstellungslösung gefordert. Im Vordergrund der Arbeiten stand die Reparatur der schadhaften Pflästerung und der Schutz des Bauwerks vor eindringendem Wasser.
Verfugung mit Sand schützt die Pflästerung besonders gut
Dafür wurden die Pflastersteine abgetragen und eine besonders widerstandsfähige Schicht aus einem hochleistungsfähigen Faserbeton eingebracht. Diese dünne Schicht hat ein geringes Gewicht, ist sehr dicht und wasserundurchlässig. Es war unbestritten, dass die Wegoberfläche wieder gepflastert wird. Diskutiert wurde hingegen die Frage, wie die Pflastersteine verfugt werden. Aus denkmalpflegerischer Sicht bot sich – besonders auch nach positiven Erfahrungen in der Stadt Bern – eine Verfugung mit Sand an. Die Bedenken der Bauherrschaft, dass damit der Wartungsaufwand steigt – Sand wird bspw. durch Putzfahrzeuge weggetragen – standen die Vorteile für langfristige Instandhaltungen entgegen. So ermöglicht es Sand, dass die Pflastersteine bei einem Schaden in der unteren Belagsschicht einfach abgetragen und nach der Reparatur wieder eingebracht werden können. Zudem verhindert Sand hohe Spannungen im Bauwerk und die Pflastersteine nehmen weniger Schaden. Aus langfristiger Sicht senken mit Sand verfugte Wegoberflächen somit die Unterhaltskosten.
Diese Argumente überzeugten die Bauherrschaft, und so wurde 2020 eine neue Pflästerung verlegt und mit Sand verfugt. Zudem wurden zwischen der Abdichtung und dem Pflaster Längsdrainagen verlegt und das Konzept der Oberflächenentwässerung verbessert. Abgerundet wurden die Arbeiten durch punktuelle Instandsetzungen am Mauerwerk der Pont de Saint-Jean.