Vom Beschäftigungsprogramm zum attraktiven Wanderweg
Während des Zweiten Weltkriegs waren über 100 000 geflüchtete Soldaten in der Schweiz interniert. Darunter auch viele aus Polen, die – anders als andere Nationen – bis zum Ende des Krieges blieben. Die Internierten waren auf rund 600 Lager im ganzen Land verteilt, oft an abgelegenen Orten, um enge Kontakte mit der Bevölkerung zu vermeiden. Um die einheimische Wirtschaft nicht mit günstigen Arbeitskräften zu konkurrenzieren, beschränkte die Schweizer Landesregierung die Arbeitseinsätze der Soldaten auf die Landwirtschaft sowie den Bau und Unterhalt von Wegen und Strassen. So entstanden in der ganzen Schweiz über 50 dokumentierte «Polenwege».
Bilder: Korporation Alpnach
Eines dieser Lager mit polnischen Soldaten befand sich auf der Alp Horweli im Kanton Obwalden. Die Internierten bauten zuerst einen Weg von der Alp Horweli hinauf nach Gschwänt. In einer zweiten Etappe wurde der bestehende Fussweg von Steinstössi bis nach Balismatt ausgebaut. Herzstück dieses Polenwegs ist die sogenannte «Tremola en miniature». Dieser Streckenabschnitt war bautechnisch besonders anspruchsvoll. Die polnischen Soldaten schufen hier eine einzigartige Weganlage mit Stützmauern, Wasserdurchlässen, Pflästerungen und Steinbogenbrücken. Der Weg verläuft in mehreren Serpentinen und ist im IVS-Bundesinventar als historischer Verkehrsweg mit Substanz, abschnittsweise mit viel Substanz verzeichnet.
Der Polenweg bei Alpnach ist über weite Strecken als Wander- und Bergwanderweg markiert. Da er zuvor weder dem Handel, noch der Alpwirtschaft oder als Pilgerweg gedient hatte, ist es für Fachleute augenfällig, dass er im Rahmen eines Beschäftigungsprogramms gebaut wurde. Dies schmälert den Wert der «Tremola en miniature» in keiner Weise, ganz im Gegenteil. Der Weg ist ein lebendiges, durch den Langsamverkehr aktiv genutztes und schützenswertes Zeugnis der Schweizer Weltkriegsgeschichte und der hochstehenden Handwerkskunst der polnischen Soldaten.
Instandsetzung hält den Polenweg in Schuss
Aus diesem Grund entschied sich die Korporation Alpnach, auf deren Gebiet der Polenweg liegt, den Weg instand zu setzen, da er über die Jahrzehnte an einigen Stellen gelitten hatte. Auf einer Begehung wurden im Jahr 2022 die nötigen Sanierungs- und Aufwertungsarbeiten erfasst und in einen Massnahmenplan überführt. 2024 setzte man die Arbeiten mit der Sanierung der beeinträchtigten Pflästerungen um. In Abschnitten, wo stellenweise Randsteine fehlten, wurden diese zu einem lückenlosen Band ergänzt. Insgesamt benötigte man für die Ausbesserung der Pflästerungen rund 10 Kubikmeter Steine. Sie wurden in einer lokalen Schutthalde aussortiert und mittels Helikopter zur Baustelle geflogen. Daneben wurden diverse instabile Trockenmauern bis auf die stabilen Lagen abgebrochen und anschliessend wieder neu aufgebaut. Dabei achtete man besonders auf die Ausbildung eines stabilen, fundierten Mauerfusses mit grösseren Steinen, um ein Abrutschen der Mauer im steilen Gelände zu verhindern.
Details zu den verschiedenen Wegabschnitten im IVS-Bundesinventar
- IVS-Objekt OW 382: Weg von Alp Horweli nach Allgäu und Gwschänt (regionale Bedeutung, historischer Verlauf mit Substanz)
- IVS-Objekt OW 387: Polenweg zwischen Balismatt und Steinstössi (nationale Bedeutung, historischer Verlauf mit Substanz)
- IVS-Objekt OW 387.02 «Tremola en miniature» zwischen Wängen und Rickmettlen (nationale Bedeutung, historischer Verlauf mit viel Substanz)
Videobeitrag über die Instandstellung
(Video: Tele 1)