Praxisbeispiel Dalvazzabrücke Luzein GR

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IVS-Objekt GR 532.0.2 im IVS-GIS

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Die Dalvazzabrücke vor der Instandstellung (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)

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Die instandgestellte Dalvazzabrücke (Foto: H. P. Kistler, ASTRA)

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Vierendeelträger: Vertikale Pfosten verbinden Ober- und Untergurt (Foto: H. P. Kistler, ASTRA)

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Dalvazzabrücke im Bau 1924: Einblick in die Konstruktion während der Schalung (Foto: E. Meerkämper)

IVS-Objekt: GR 532.0.2
Bedeutung nach NHG: regional, mit Substanz

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Die Dalvazzabrücke führt unterhalb von Küblis über die Landquart und wurde in den Jahren 1924 und 1925 von Nicolaus Hartmann & Cie aus St. Moritz entworfen. Nicolas Hartmann war ein bedeutender Bündner Architekt des frühen 20. Jahrhunderts. Die Brücke weist ein ungewöhnliches Tragwerk auf: Sie wurde als Vierendeelträger-Konstruktion in bewehrtem Beton ausgeführt. Der Vierendeelträger – benannt nach dem belgischen Ingenieur Arthur Vierendeel (1852–1940) – stellte einen Gegenentwurf zum eisernen Fachwerkträger dar, der um das Jahr 1900 aus statischen und ästhetischen Gründen in die Kritik geraten war. Im Gegensatz zum Fachwerkträger kommt der Vierendeelträger ohne diagonale Trägerelemente aus, was die Berechnung der statisch schwierig zu bestimmenden Nebenspannungen (Verformungen unter Belastung) vereinfacht. Die detaillierte Geschichte des Vierendeeltragwerks und der Dalvazzabrücke kann in CONZETT (2008) nachgelesen werden.

Die rund 90-jährige Dalvazzabrücke wies 2007 witterungs-, alters- und auch konstruktionsbedingt erhebliche Schäden an der Bausubstanz auf. Eine Instandstellung war dringend notwendig, um die Brücke – ein Denkmal der Ingenieurskunst der 1920er Jahre – für kommende Generationen zu erhalten. 2008 wurden verschiedene Massnahmen umgesetzt, um die Schäden an der Brücke zu beseitigen.

Ausführung: 2008
Instandstellungskosten: 392‘000.–

 

Instandstellung einer bewehrten Betonbrücke

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Massive Betonschäden an einem Pfosten (Foto: F. Bieri, Basler & Hofmann)

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Eine reprofilierte Stelle zwischen Pfosten und Obergurt (Foto: H. P. Kistler, ASTRA)

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Die erneuerte Fahrbahnoberfläche aus UHFB (Foto: H. P. Kistler, ASTRA)

Auf Grund von Bauwerksalter und Frosteinwirkungen waren verschiedene Brückenteile so schwer beschädigt, dass die Bewehrung frei lag. Da die Brücke nicht gesalzen worden war, beschränkte sich die Korrosion auf die Oberfläche der Bewehrung. Lochfrasskorrosion wurde zum Glück nicht festgestellt. Entsprechend mussten nur wenige Bewehrungen ergänzt oder ersetzt werden.

Die Instandstellungsarbeiten liefen wie folgt ab: Zunächst wurden mittels Hochdruckwasserstrahl lose Betonteile von schadhaften Stellen entfernt. Nach der Entrostung der Bewehrungsstäbe wurde das ursprüngliche Profil mit Spritzbeton reprofiliert. Durch ein profilgerechtes Abziehen und Nachbilden der Brettstruktur (inkl. Brauen) erhielten die Betonsichtflächen ein Erscheinungsbild, das dem Original gut entspricht. Die unbeschädigten Teile des Tragwerks wurden gereinigt und hydrophobiert, um künftig einen Wassereintritt in das Bauwerk zu vermeiden. Die Fahrbahn erhielt anstelle eines Asphaltbelages einen UHFB-Belag (ultrahochfester Faser-Fliessbeton) sowie eine zusätzlich eingelegte Bewehrung. Dieser spezielle Belag dichtet die Fahrbahnoberfläche ab, verstärkt sie und bildet gleichzeitig den Fahrbahnbelag. Die Proportionen der Brücke konnten insgesamt nahezu unverändert beibehalten werden. Die gegenwärtig noch erkennbaren Farbunterschiede zwischen alten und neuen Betonsichtflächen gleichen sich mit der Zeit aus. Die statische Überprüfung der instandgestellten Brücke hat gezeigt, dass die Brücke auch künftig durch Personenwagen und Landwirtschaftsfahrzeuge bis 3.5 Tonnen befahren werden kann.

 

Fahrbahnentwässerung bei einer Betonbrücke

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Alter Asphaltbelag auf Fahrbahn und Untergurt: Wassereintritt schadete dem Bauwerk (Foto: H. P. Kistler, ASTRA)

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Die Fahrbahn wurde bei der Instandstellung gegenüber dem Untergurt wieder herabgesetzt. (Foto: H. P. Kistler, ASTRA)

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Entwässerung: Stahlrohre führen mittig der Fahrbahn das Oberflächenwasser ab. (Foto: H. P. Kistler, ASTRA)

Bei einer früheren Ausbesserung der Fahrbahn wurde ein Asphaltbelag mit einem Dachprofil aufgetragen, welches über die als störend empfundenen, höher gelegenen Untergurte hinausgezogen wurde. In der Folge lief das Regenwasser über das konvexe Strassenprofil seitlich ab und drang in die Untergurte ein. Durch Frosteinwirkungen und Bewehrungskorrosion kam es anschliessend zu Abplatzungen am Beton.

Bei der Instandstellung wurde auf einen Asphaltbelag verzichtet. Mittels eines wasserdichten ultrahochfesten Faser-Fliessbeton-Belages (UHFB) war es möglich, die Fahrbahn wieder auf ihre ursprüngliche Höhe zurück zu setzen und der Brücke zu ihren alten Proportionen zu verhelfen. Die Entwässerung erfolgt neu über ein negatives Dachprofil zentral in der Fahrbahn. Fallrohre aus Stahl von 7 cm Durchmesser durchstossen die Fahrbahn mittig. Das Oberflächenwasser wird durch die Fallrohre abgeleitet, ohne dass es in Kontakt mit der bewehrten Tragkonstruktion der Brücke tritt.

 

Grenzen der Übertragbarkeit

Das Objekt stammt aus dem Jahre 1925 und weist für die Epoche und den Standort typische Baumerkmale auf. Beim Übertragen der Baumethoden auf andere Projekte ist stets dem regionalen und historischen Kontext Rechnung zu tragen.


Kontaktadressen

  • Projektleitung und Ingenieursleistungen: Conzett, Bronzini, Gartmann AG, dipl. Ingenieure ETH / FH / SIA, Bahnhofstrasse 3, 7000 Chur, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
  • IVS-Fachstelle des Kantons Graubünden: siehe Adressliste

Quellen

  • CONZETT, Jürg, 2008: Ein Vierendeel-Träger im Prättigau. Die Landquartbrücke Dalvazza der Verbindungsstrasse Küblis–Strahlegg. Sonderdruck aus Bündner Monatsblatt 1/2008. Gesellschaft für Ingenieurbaukunst und Bündner Heimatschutz. Chur.
  • Bündner Heimatschutz, 2007: Rettet die Dalvazzabrücke bei Luzein – ein Denkmal der Ingenieurbaukunst der 1920er-Jahre. Chur.