Die alte Zügenstrasse trotzt den Naturgewalten

Bilder: IVS-Fotoarchiv ASTRA, Gemeinde Davos

Die alte Zügenstrasse zwischen Davos Monstein und Davos Wiesen ist ein beliebtes und attraktives Ausflugsziel. Sie führt durch eine wilde Landschaft mit Schluchten und steilen Felsen, an die sich Stützmauern der Strassenführung schmiegen. Fünf kurze Tunnels durchqueren das abschüssige Gelände. Zwei gemauerte Steinbogenbrücken führen über den Sägenbach und die Landwasser, einen rund 30 Kilometer langen Fluss im Albula-Flusssystem, der sich hier tief in die Schlucht gefressen hat.

Viel befahrene Kantonsstrasse im 20. Jahrhundert

Die malerische Landschaft, durch welche die zwischen 1870 und 1873 gebaute Zügenstrasse führt, ist seit jeher geprägt vom Wirken der Natur, von Steinschlägen und Lawinen. Trotzdem diente die Zügenstrasse hundert Jahre lang dem motorisierten Verkehr als Kantonsstrasse. Erst mit der Eröffnung des Landwassertunnels im Jahr 1974 wurde sie zum Spazier- und Wanderweg umfunktioniert. Aufgrund ihrer hohen landschaftsprägenden und kulturhistorischen Qualität wurde die alte Zügenstrasse in das IVS-Bundesinventar aufgenommen. Schon bei der Inventarisierung im Jahr 1994 zeichnete sich ab, dass die alte Strasse durch die Zügen bald einmal instand gestellt werden musste.

So wurde sie in einer ersten Phase zwischen 2000 und 2006 umfassend saniert. Dies war eines der ersten Projekte, das die IVS-Fachstelle im ASTRA begleitet und fachlich und finanziell unterstützt hat. Dabei wurden unter anderem alte Stützmauern und Brüstungen nach historischem Vorbild lokal ausgebessert sowie einige stark zerstörte Stellen in traditioneller Bauweise vollständig neu aufgebaut. Zudem wurden die Wegoberflächen auf das ursprüngliche Niveau abgetragen und die Entwässerungssysteme gereinigt und erneuert.

Steinschlag verursacht Schäden

Doch auch nach dieser Instandstellung blieb die Strasse mit ihren Kunstbauten – Stützmauern, Brüstungen und Brücken – den Naturgewalten ausgesetzt. Das enge Zügental weist sehr steile, felsige Flanken auf, die dünn bewaldet sind. Links und rechts des Talbodens gibt es viele Einschnitte (Tobel bzw. Zügen), in denen im Winter regelmässig Lawinen nieder gehen. Dadurch leiden besonders die Brüstungen und Geländer der Strasse.

Bei starken Niederschlägen und bei Hagelwetter wird zudem der Steinschlag zum Problem. So können auch grössere «Brocken» die Abhänge hinunterrollen und die Strasse erheblich beschädigen. Dazu kommen die Einwirkungen des «Landwassers», das gerne die seitlichen Flanken der Stützmauern im Uferbereich unterspült. Zudem führt eindringendes Niederschlags- und Hangwasser zu Instabilitäten von Stützmauern und Brückengewölben.

Sanierung in vier Etappen

Vor diesem Hintergrund erfolgte zwischen 2019 und 2023 in vier Etappen eine erneute, umfassende Instandsetzung der alten Zügenstrasse, um die historische Substanz zu erhalten und die Sicherheit zu gewährleisten. Dabei wurden diverse Objekte wie Stützmauern, Brüstungen, Brücken und Zäune wo möglich saniert. Teilweise mussten sie nach historischem Vorbild vollständig ersetzt werden. Schwerpunkte bildeten die folgenden Arbeiten:

Stützmauern: Fehlende oder zerfallende Steine wurden ersetzt, Pflanzen im Mauerbereich entfernt und fehlende Mauerkronen ergänzt. Wo möglich wurde mit den vorhandenen Steinen gearbeitet.

Brüstungen: Dort, wo die Tragfähigkeit der defekten Brüstungen noch gewährleistet war, wurden sie repariert. Über weite Strecken mussten die Brüstungen jedoch ersetzt oder fehlende Brüstungen neu erstellt werden.

Zäune: Fehlende Zäune wurden nach altem Vorbild rekonstruiert.

Steinbogenbrücken: Eindringendes Sickerwasser führte zu erheblichen Schäden. Die Gewölbe wurden von oben her freigelegt, gereinigt und darüber ein Überbeton aus Stahlbeton erstellt. Dieser Überbeton wurde anschliessend mit einer bituminösen Abdichtung versehen. Entwässerungsrohre gewährleisten neu die Ableitung des eintretenden Sickerwassers.

Besondere Herausforderungen bei der Instandstellung

Die Sanierung der alten Zügenstrasse war mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. Einerseits kann im Winter nicht gearbeitet werden. Andererseits musste der Fuss- und Veloverkehr während der Bauarbeiten aufrechterhalten werden. Doch auch die Beschaffung geeigneter Steine und die eingeschränkte Zufahrt mit leichten Fahrzeugen stellten logistische Schwierigkeiten dar.

Endlich wieder offen

Kurz nachdem die Instandstellungsarbeiten im Sommer 2023 abgeschlossen worden waren, musste die Strasse nach einem Unwetter im Juli 2023 wieder geschlossen werden. Die Aufräumarbeiten dauerten bis 2024, und es mussten unzählige tonnenschwere Felsbrocken weggeschafft werden. Heute wird mit Infotafeln an beiden Zugängen zur Schlucht auf die Steinschlaggefahr hingewiesen. Die Sitzbänke wurden entfernt, damit die Aufenthaltsdauer im entsprechenden Abschnitt verkürzt und damit eine geringere Gefahrenexposition erreicht wird. Dies alles soll dazu beitragen, dass die alte Zügenstrasse im Spannungsfeld zwischen Naturgefahren und Freizeitaktivitäten für Einheimische und Touristen auch in Zukunft offenbleiben kann.

Details zum IVS-Objekt:

GR 41.4.1, Landwasserstrasse von 1870/73 durch die Zügen, nationale Bedeutung, historischer Verlauf mit viel Substanz